Wir starten mit Beikost | Aber wie?

 

Wir starten mit der Beikost, aber wie?

Nach den ersten aufregenden Monaten mit Baby hat sich Eure Stillbeziehung bzw. die Nahrungsaufnahme Eures Babys reguliert, die ersten Wachstumsschübe mit all seinen Herausforderungen habt Ihr überstanden, Ihr seid ein eingespieltes Team und froh einen Rhythmus gefunden und Euch kennengelernt zu haben. Es kehrt mehr Ruhe ein, Du kannst Dein Baby viel besser einschätzen und kennst seine Bedürfnisse. Rund um den 4. Lebensmonat des Babys kommt dann unweigerlich die Frage auf, wann eigentlich Beikost eingeführt werden soll, in welcher Form und was Anzeichen dafür sind, dass Dein Baby neben der Milch nun auch andere Lebensmittel benötigt.

So ging es auch Paula, die von ihrem Kinderarzt einen Ernährungsplan für Säuglinge mit der Aufforderung in die Hand bekam, nun doch langsam mit der Beikosteinführung zu beginnen. Leider blieb nicht viel Zeit für ein beratendes Gespräch, aber auch Mütter aus der Stillgruppe hatten bereits mit dem ersten Brei angefangen und die Babys waren verrückt danach. Da ihr Baby vollgestillt wurde und recht zufrieden wirkte, sprach sie mich in der Stillgruppe an, ob sie denn nun mit der Beikost anfangen müsse und was es dabei zu beachten gebe. Ihre Verunsicherung war groß, denn sie hatte gelesen, dass die Nährstoffe in der Muttermilch irgendwann nicht mehr für ihr Baby ausreichend seien und es auch zur Allergieprävention ab dem 5. Lebensmonat Beikost brauche.

Dieses Themen rund um die Beikost beschäftigen irgendwann alle frischgebackenen Eltern, daher möchten wir dies heute aufgreifen und ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.

Was ist Beikost?

Unter Beikost verstehen wir Nahrungsmittel, die zusätzlich zu Muttermilch oder Säuglingsmilch, zu einem individuellen Zeitpunkt, dem Kind angeboten werden. Abhängig von der Informationsquelle werden hier entweder nach einem Ernährungsplan bestimmte Lebensmittel in Breiform und Speisekombinationen, in festgelegten zeitlichen Abläufen, empfohlen oder wie beim Baby Led Weaning dem Säugling nach Bedarf fast alle Lebensmittel und alle Konsistenzen angeboten. Dies ist für Erstlingseltern sehr verwirrend und verständlich, dass sie verunsichert sind. Die Einführung von Beikost bedeutet zudem nicht, dass Mahlzeiten ersetzt werden, sondern wie die Begrifflichkeit bereits zeigt, ist „BEI“kost, zusätzlich, bestenfalls unter dem Schutz des Stillens oder der Formularmilch, einzuführen. Das bedeutet Du stillst bzw. fütterst Milch weiter nach Bedarf und bietest zudem Deinem Baby immer wieder Beikost an.

Beikosteinführung

Wichtig vorab zu wissen ist, dass je nach Land und Kultur, die Beikostempfehlungen variieren. In Deutschland hat sich seit Jahren der Ernährungsplan des Forschungsinstituts für Kinderernährung FKE durchgesetzt und wird von einem Großteil der Kinderärzte und dem Fachpersonal an die Eltern empfohlen.

Beikost

Dieser in Deutschland etablierte Ernährungsplan für das erste Lebensjahr sieht vor, dass Dein Baby in den ersten vier Lebensmonaten ausschließlich durch Muttermilch oder Fertigmilch ernährt wird und dann frühstens ab dem 5. Lebensmonat, spätestens zu Beginn des 7. Lebensmonats Beikost eingeführt werden soll. Der Plan sieht die Einführung von Lebensmitteln zu Beginn ausschließlich in Form von Brei vor. Beginnend im 5. Lebensmonat mit Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei, weiterführend Milch-Getreide Brei ab dem 6. Monat und ab dem 7. Monat den Getreide-Obst-Brei, bevor es ab dem 10. Monat auch feste Lebensmittel wie Brot zu sich nehmen soll.

Um den Verdauungstrakt des Baby langsam an die neuen Lebensmittel zu gewöhnen, wird empfohlen, die ersten Versuche mit Gemüsebrei zu beginnen, anschließend Kartoffeln und Öl hinzuzufügen, um dann püriertes Fleisch oder Fisch und Obstsaft zu ergänzen.  Die Zugabe von Öl und Obstsaft dient dazu, dass die Vitamine und Eisen besser vom Körper Deines Babys aufgenommen werden. Erst wenn dieser Brei von Deinem Baby gegessen und vertragen wird, sollen laut dem Netzwerk Gesund ins Leben (eine Vereinigung von Ärzten, Institutionen und Fachverbänden, die vereinheitlichte Informationen zur Säuglingsernährung herausgeben) die Gemüsesorten variiert werden. So erhalten die Eltern eine Information über die Verträglichkeit des jeweiligen Lebensmittels bei ihrem Baby und helfen mögliche Allergien frühzeitig festzustellen.

Bei der Auswahl der Breie und ihrem angedachten Einführungsbeginn spielt die Thematik Allergieprävention eine große Rolle. Wurde bis vor ca. 10 Jahren empfohlen möglicherweise allergieauslösende Lebensmittel wie Ei, Milch, Getreide oder Fisch zu meiden oder verzögert einzuführen, haben diese Einzug in den Ernährungsplan gefunden. Mittlerweile wird geraten, geringe Mengen der potentiell allergieauslösenden Lebensmittel dem Brei hinzuzufügen, da nicht abschließend nachgewiesen wurde, dass die Vermeidung oder verzögerte Einführung das Baby vor Allergien schützt. Der beste Schutz vor Allergien bleibt die Gabe von Muttermilch, welche durch die speziellen Antikörper der Muttermilch, einen Immunschutz beim Baby bewirkt. Daher sollte auch die Beikost unter dem Schutz des Stillens eingeführt werden.

Einen wunderbaren Artikel über den Ernährungsplan hat der bekannte Kinderarzt und Autor Herbert-Renz-Polster  verfasst, den wir Dir sehr ans Herz legen: http://blog.kinder-verstehen.de/zoff-ums-beifuettern/

Wie die Begrifflichkeiten Ernährungsplan, Beikostfahrplan zeigen, wird den Eltern ein detaillierter, mit Zeit- und Lebensmittelangaben versehener Plan vorgelegt.

Vorteile:

Für viele Eltern bei all der Verunsicherung rund um die Beikost, die Gewichtsentwicklung und die Entwicklung des Babys, die Gesundheit und Prävention vor Allergien, eine willkommene Vorgehensweise, die ihnen das Gefühl vermittelt nichts falsch zu machen, sich an klaren Strukturen und Abläufen orientieren zu können und damit den für ihr Baby besten Beikostweg zu begehen.

Nachteilig:

Doch führt diese Beikosteinführung nach Plan auch dazu, dass viele Eltern sich unter Druck setzen den Plan zu erfüllen, ungeachtet der individuellen Beikostreife, der Bedürfnisse und auch Geschmacks ihres Babys. Denn Pläne, Mengen und Zeitangaben können dazu verleiten sich starr nach diesen zu richten und dabei die Bedürfnisse des Baby aus den Augen zu verlieren. Auch die Beikostgabe mittels Löffel kann dazu verleiten, dem Baby mehr Brei zu geben, als es ggf. in diesem Moment benötigt. Verweigert das Baby den Brei, dann sind viele Eltern oft sehr verzweifelt. Gestern hat es doch noch ein halbes Gläschen Brei gegessen und nun heute nach zwei Löffeln den Brei verweigert. Je öfter dies geschieht, desto besorgter und verunsicherter die Eltern. Der Druck auf sich und das Baby steigt. Weitere Nachteile könnten sein:

  • Das natürliche Sättigungs- und Hungergefühl kann beeinflusst werden und der Säugling bildet dies selbst schlechter aus, da er nicht selbstständig isst
  • Der Einsatz von Fertigbrei mit unbekannter Herstellungsart und Zutaten wie Verdickungsmitteln, etc. wird gefördert
  • Kein gemeinsames Erleben des Familienessens, da das Kind mit Brei gefüttert wird

Aber gibt es empfehlenswerte Alternativen?

Baby Led Weaning

Immer öfter liest und hört man von Baby Led Weaning. Einem Begriff der wohl am besten mit bedürfnisorientierter Beikost zu übersetzen ist, wenn auch wörtlich übersetzt Baby geleitetes Abstillen bedeutet. Die Idee dahinter basiert vor allem darauf, dass jedes Baby individuelle Bedürfnisse hat, zu einem individuellen Zeitpunkt beikostreif ist und selbstbestimmt entscheiden kann, wann es welche Lebensmittel probiert bzw. isst, auswirft oder schluckt und in welchen Mengen. Hintergrund ist, dass unsere Babys und Kinder seit Gedenken auf das Überleben programmiert sind. Ihr Körper weiß welche Nährstoffe es gerade braucht, um dies zu sichern. Selbstverständlich benötigt es dafür ein Angebot und die achtsame Begleitung durch die Eltern, doch es hat die Möglichkeit seine Auswahl selbstbestimmt treffen und so seine Bedürfnisse zu befriedigen, als auch ein natürliches Sättigungs- bzw. Hungergefühl entwickeln.

Eine wichtige Grundlage für die Beikosteinführung, ganz besonders im Hinblick auf die bedürfnisorientierte Beikost sind die Beikostreifezeichen. Die Beikostreifenzeichen? Auch hier herrscht viel Verwirrung, weil je nach Quelle verschiedene Zeichen genannt werden. Nimmt man sich die Kriterien der WHO zur Hilfe, gibt es derer DREI.

- Die Rumpfkontrolle, so dass sich Dein Baby für eine gewissen Zeitraum selbständig aufrecht halten kann

- der verschwundene Zungenstreckreflex, der dazu führt, dass Dein Baby die nichtflüssige Nahrung annimmt und nicht direkt mit der Zunge aus dem Mund befördert,

- die Hand-Mund-Augen Koordination, die Deinem Baby hilft die Nahrung zu sehen, selbstständig zu fassen und direkt in den Mund zu befördern.

Beikostzeichen

Wann Dein Baby diese Zeichen zeigt, ist individuell verschieden. Es gibt Babys, die dies bereits früh im 4.-5. Monat zeigen, manche Kinder haben die Beikostreifezeichen erst zum 8-9 Monat. Dies kann natürlich zu Verunsicherung bei den Eltern führen, vor allem bei Kindern deren Gewichtszunahme eher schleppend ist, die eher leichter sind oder auch sehr spät überhaupt Interesse an Beikost zeigen.

Keine offiziellen von der WHO definierten Beikostreifezeichen, jedoch vom Netzwerk Gesund ins Leben formulierte Anzeichen sind:

  • Kaubewegungen, die Dein Baby nachmacht (denn es orientiert sich an Dir und eifert Dir nach) oder
  • das Interesse an Eurem Essen, denn für Dein Baby ist alles interessant was Du machst und mit dem Du Dich beschäftigst.

Bei der Idee des Baby Led Weaning geht es nicht um Pläne und Zeiten, sondern um die achtsame Begleitung bei der Beikosteinführung beim gemeinsamen Familienessen. Dein Baby sitzt mit Dir gemeinsam am Familientisch und darf am Familienessen teilnehmen und fast alle Lebensmittel in verschiedensten Konsistenzen probieren. Durch das Vorleben, wird das Interesse des Babys geweckt, das Essen muss in vielen Fällen nicht separat zubereitet, sondern nur leicht auf die Bedürfnisse angepasst werden und ganz nebenbei führt dies nicht selten dazu, dass die ganze Familie weit aus gesünder isst und ihre Essgewohnheiten anpasst.

Selbstverständlich müssen bei den angebotenen Lebensmitteln einige Grundvoraussetzungen geschaffen werden. Das angebotene Essen, sollte im ersten Lebensjahr ungesalzen bzw. möglichst frei von Zuckern sein (wie bei dem Ernährungsplan auch, da die Säuglinge dies noch nicht verwerten können) und gerade zu Beginn der Beikost weich, jedoch nicht gezwungen in Form von Brei, sein. Es geht nicht darum, wann welches Lebensmittel und in welcher Form gegessen wird, sondern darum, dass Dein Baby die Lebensmittel, die Ihr auch esst angeboten bekommt, diese selbst aus Deiner Hand oder vom Teller greift, zum Mund führt und probiert. Auch wenn Dein Baby noch keine Zähne hat, kann es durch die Enzyme im Speichel und das Lutschen wichtige Nährstoffe lösen und erhalten. Übrigens kann selbstverständlich auch Brei angeboten werden. Dieser wird jedoch nicht mit dem Löffel gefüttert, sondern Dein Baby greift diesen selbstständig oder führt später selbstständig den Löffel zum Mund und isst diesen.

Die größte Sorgen von Eltern, die leider noch all zu häufig auch von Kinderärzten kommuniziert wird,  ist die Angst vor dem Verschlucken. Interessanterweise ist diese höher ausgeprägt bei Lebensmitteln die nicht in Form von Brei angeboten werden. Jedoch gibt es keine Anzeichen, Studien oder Datenlage, die darauf hinweisen, dass sich Babys häufiger verschlucken, wenn sie Lebensmittel im Ganzen oder als Fingerfood selbstständig essen. Werden sie dabei kompetent begleitet, sitzen aufrecht, bekommen weiche Lebensmittel angeboten und führen diese selbst in den Mund, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese in die Atemwege gelangen bzw. den Rachen verschließen  ebenso gering, wie bei der Gabe von Brei.

Die Vorteile von Baby Led Weaning liegen auf der Hand:

Dein Baby ernährt sich selbstbestimmt und durch das eigenständige Fassen und zum Mund führen, wird die Augen-Hand-Mund Koordination gefördert.

Dein Baby entwickelt ein natürliches Sättigungs- und Hungergefühl, da es selbst entscheidet wie viel es isst.

Ihr achtet auf frische, biologische und bestenfalls lokale Lebensmittel, die Ihr frisch zubereitet. Extra Kochen und pürieren ist nicht notwendig. Fertiggerichte werden weitestgehend vermieden.

Keine bzw. weniger Regeln, das Baby kann und darf entscheiden, wann es wie viel und was isst.

Die Nachteile:

Nicht selten eine riesige Sauerei, da gerade zu Beginn ein Großteil der Lebensmittel nicht im Mund sondern auf, unter und neben dem Tisch laden.

Weniger Kontrolle: einigen Eltern fällt es schwer abzuschätzen wie viel bzw. ob Ihr Baby genug zu essen bekommt, vor allem wenn viel neben dem Baby landet.

Wenn Du Dich mehr über das Thema Baby Led Weaning informieren möchtest, haben wir hier einige Buchvorschläge für Dich

Das Standardwerk zum Thema: https://www.amazon.de/Baby-led-Weaning-Grundlagenbuch-stressfreie-Beikostweg-ebook/dp/B00ELCMDKI

Von unseren Kolleginnen Anja Constanca Gaca (Hebamme, Still- und Laktationsberaterin IBCLC) und Tatje Bartig-Prang (Stillberaterin DAIS)

https://www.amazon.de/Das-breifrei-Kochbuch-schmeckt-Gansterer-ebook/dp/B00NS3GL6I/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1516090319&sr=1-1&keywords=breifrei+gaca

https://www.amazon.de/Breifrei-Baby-led-Weaning-Einmal-kochen-essen-ebook/dp/B071D5H47N/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1516090344&sr=1-1&keywords=breifrei+bartig-prang

Welche Lebenmittel sind nicht für Kinder unter einem Jahr empfohlen?

Unabhängig ob nach Plan oder nach der Idee des Baby Led Weanings Beikost eingeführt wird, einige wenige Lebensmittel sollten im ersten Jahr vermieden bzw. nicht in ihrer ursprünglichen Form angeboten werden. Harte, splitternde Lebensmittel wie z.B. Nüsse, ganze Möhren oder rohe Apfelstücke sollten dem Baby nicht angeboten werden. In Form von Mus oder gerieben, ist der Verzehr jederzeit möglich.

Honig wird im ersten Jahr ebenfalls nicht empfohlen. Honig ist ein natürliches Produkt und kann Bakterien, wie Clostridum botulinum, enthalten. Dieser bildet Sporen aus, die Gifte entwickeln können und bei Säuglingen zum sogenannten Säuglingsbotulismus führen können. Hier kannst Du mehr darüber lesen:

http://www.cleankids.de/2016/11/24/botulismus-gefahr-kein-honig-oder-ahornsirup-fuer-kinder-unter-einem-jahr-2/62365

Brei ohne Fingerfood, Baby Led Weaning ohne Brei? Wie finde ich den Beikostweg?

Nun haben wir Dir einen Überblick gegeben, wie die Beikost eingeführt werden kann und welche Dinge dabei wichtig zu beachten sind. Ob nun Brei, Fingerfood oder Breifrei, Du solltest gemeinsam mit Deinem Baby schauen, was für Eure persönliche Situation am Besten ist. Auch wenn Du vor Deinem Baby vielleicht nicht die abwechslungsreichte und gesunde Ernährung bevorzugt hast, kannst Du Die Einführung der Beikost wunderbar dazu nutzen Eure Ernährungsgewohnheiten umzustellen. Vor allem soll es beim Essen um Freude am Essen gehen. Je entspannter ihr dies gemeinsam angehen könnt, umso mehr macht es Euch allen Spaß. Ob Ihr Euch dann für Brei oder Breifrei, Baby Led Weaning entscheidet oder einfach von allem etwas, ist Eure persönliche Entscheidung. Wir wünschen Euch guten Hunger und eine entspannte Beikosteinführung.

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