Stillen nach dem Kaiserschnitt | Stillberatung

Gestern besuchte ich eine werdende Mama zu Hause, der in Kürze ein Kaiserschnitt bevorsteht. Claudia hat bereits ein Kind, welches sie 2 Jahre gestillt hat, ist also glücklicherweise bereits stillerfahren. Das erste Kind gebar sie auf natürlichem Wege und konnte mit mehr oder weniger Hilfe eine schöne Stillbeziehung aufbauen. Nun ist sie erneut schwanger und wird mittels eines geplanten Kaiserschnitts ihr 2. Kind zur Welt bringen. Auf Grund ihrer Stillerfahrung, wünscht sie sich sehr dieses ebenfalls zu stillen. Da sie keinerlei Erfahrungen mit dem Stillbeginn nach einem Kaiserschnitt hat, bat sich mich sie vorab zu besuchen und mit ihr über das Stillen nach Kaiserschnitt zu sprechen. Selbstverständlich stellt sie sich die Frage, wie der Kaiserschnitt, die Betäubung und die Bedingungen rund um die Geburt das Stillen beeinflussen können. Diese Fragen sind absolut berechtigt und wichtig, daher auch wert, hier darüber zu schreiben.  

Tipp 1: Suche Dir ein babyfreundliches Krankenhaus bzw. frage beim Personal nach wie sie das Bonding fördern

Ein Kaiserschnitt ist und bleibt ein Einschnitt, eine Operation die Auswirkungen auf Mutter und Kind hat. In der Regel wird der Mutter hierfür eine Teil- oder Vollnarkose gesetzt, d.h. sie wird lokal (PDA) vollständig betäubt. Bei einer Teilnarkose bleibt sie bei vollem Bewusstsein und kann ihr Kind bei guter Gesundheit direkt nach dem Eingriff auf den Oberkörper, Haut auf Haut, gelegt bekommen. Bei einer Vollnarkose benötigt die Mutter einige Zeit, um wieder zu Bewusstsein zu kommen, bevor sie das Baby in Empfang nehmen kann. Das erste Bonding, der erste Körperkontakt kann daher zeitlich verzögert sein.

Tipp 2: Besorge Dir ein Bondingtop oder nehme ein altes T-Shirt aus dehnbarem Stoff und schneide einen Schlauch von Taille bis Brustansatz ab

Der frühe Hautkontakt ist im Hinblick auf das Stillen, wichtig für Mutter und Kind. Daher ist es gut, wenn Du im Krankenhaus erfragst unter welchen Voraussetzungen, Dein Baby nach dem Kaiserschnitt in Haut- zu Hautkontakt mit Dir treten kann. Viele Kliniken bemühen sich dies noch vor der ersten Säuglingsuntersuchung zu ermöglichen vor allem die als „babyfreundlich“ zertifizierten, vorausgesetzt die Anzeichen Deines Kindes weisen daraufhin, dass es ihm gut geht.

Viele Mütter, so auch Claudia, machen sich Gedanken ob sie in der Lage sind das Kind in dieser Situation zu halten. Hier kann z.B. ein sogenanntes Bondingtop, welches vor dem Kaiserschnitt über den Oberkörper der Mutter gezogen wird, helfen. Das Top wird, nachdem das Kind auf den Körper der Mutter gelegt wurde über das Kind gezogen. So ist Dein Baby gut gewärmt und Du brauchst keine Angst zu haben, dass Dein Kind verrutscht oder gar hinunterfällt. So könnt Ihr die ersten Augenblicke bereits nutzen um anzukommen, Euch zu hören, zu riechen und zu sehen und Deinem Baby Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln.

Tipp 3: Entspanntes Ankommen, möglichst wenig Einflüsse von außen

 

Bekommt Ihr ausreichend ungestörte Zeit für Euch, ist dies eine wunderbare Grundlage für den ersten Stillversuch. Durch den Haut- zu Hautkontakt werden die natürlichen Prozesse von Dir als Mutter aktiviert. Dein Körper schüttet die Hormone Oxitocin und Prolaktin aus,  welche unmittelbare Auswirkungen auf den Milchspendereflex und die Milchbildung haben. Liegt Dein Baby Haut an Haut mit Dir werden zudem seine natürlichen Reflexe aktiviert und es beginnt die Brust zu suchen. Je mehr Zeit Ihr Euch dafür lasst bzw. Euch gelassen wird, je stressfreier und entspannter diese Zeit des Ankommens ist, desto erfolgreicher kann der erste Stillversuch verlaufen. Ein Eingriff von Außen sollte hierbei möglichst vermieden werden, da sonst diese natürlichen Prozesse und Abläufe gestört werden könnten. Hier kann der Papa Dein Beschützer sein, der Personal und Besucher möglichst fern hält.

Tipp 4: Kuscheln mit Papa

 

Seid Du und Dein Baby zu Beginn getrennt, z.B. auf Grund einer Vollnarkose, kann dieser erste Haut- zu Hautkontakt ggf. erst nach einigen Stunden oder auch Tagen stattfinden. Hier kann der frischgebackene Papa wunderbar die Zeit nutzen, um mit seinem Neugeborenen zu kuscheln und diesem die Geborgenheit und Sicherheit zu geben, bis die Du in der Lage bist dies zu tun. Durch dieses verspätete Bonding, kann der Milcheinschuss um einige Tage (3-5) verzögert sein.

Tipp 5: Muttermilch von Hand gewinnen

 

Die Vollnarkose hat nicht nur Einfluss auf Dich als Mutter, sondern auch auf Dein Baby. Es kann beispielsweise längere Zeit schläfrig und saugschwach sein. Bist Du wieder bei Bewusstsein, kannst Du Muttermilch von Hand gewinnen während Papa mit Eurem Baby kuschelt. Das Kolostrum kannst Du mittels einer Spritze oder einem Löffel auffangen und Deinem Neugeborenen geben. Dies kann Dein Baby dazu anregen aufzuwachen und an der Brust die ersten Stillversuche zu beginnen.

Tipp 6: Denke an die Kirsche

Auch Claudia macht sich Gedanken ob die Menge an Kolostrum in diesem Fall ausreichend ist. Hier hilft Euch zu wissen, dass der Magen eines Neugeborenen in etwa die Größe einer Kirsche hat, also nur geringe Mengen an Kolostrum benötigt. Dein Kind wird daher genügend Nahrung und Nährstoffe erhalten, wenn Du es, sobald Du dazu in der Lage bist, mit deinem Baby Haut an Haut kuschelst und es so oft wie möglich an die Brust legst, etwa 8-12 mal in 24 Stunden.


Tipp 7: Suche Dir eine schmerzfreie Stillposition

Auch wenn Du über das Glück Dein Neugeborenes in den Händen zu halten kurz vergisst, dass Du gerade eine Operation hinter Dir hast, wirst Du schnell merken, dass das Sitzen Dir schwer fällt und mit Schmerzen verbunden ist. Daher suche Dir eine Stillposition aus, bei der Du keinen Druck auf die frische Wunde/Narbe ausübst. Angenehm kann hier das Stillen im Liegen, im Kreuzbeinsitz (also sehr weit zurück gelehnt) oder auch auf der Seite liegend sein. So wird Dein Bauch entlastet und Du kannst Dich einigermaßen schmerzfrei auf Dich und Dein Baby konzentrieren.

Tipp 8: Habe deine Brustwarzen im Blick

Unabhängig davon ob Du das erste Mal stillst oder bereits ein Kind gestillt hast, können die ersten Stillversuche unangenehm sein. Das Andocken und Saugen an der Brust ist zu Beginn eine ungewohnte, mechanische Beanspruchung der Brustwarzen. Um wunden Brustwarzen vorzubeugen, ist es wirklich wichtig, dass Du darauf achtest, dass Dein Baby den Mund sehr weit öffnet und möglichst viel Brust in den Mund nimmt. Achte darauf, dass es nicht nur an der Brustwarze nuckelt, sondern auch viel Warzenhof im Mund hat, so dass Deine Brustwarze weniger beansprucht wird. Beim Abdocken ist es gut, wenn Du darauf schaust, dass Du vorsichtig mit deinem kleinen Finger das Vakuum löst und nicht dein Baby von der Brust „losreißt“. Ein Wechsel der Stillpositionen kann helfen, wunde Brustwarzen zu vermeiden und hat zudem den Vorteil, dass verschiedene Regionen der Brust entleert und durch die Saugbewegungen Deines Babys massiert werden.


Habe also Deine Brustwarzen immer im Blick und solltest Du trotzdem wunde Brustwarzen bekommen, nehme dies nicht als gegeben hin und durchleide es, sondern sprich das Krankenhauspersonal oder die Still- und Laktationsberaterin direkt an. Diese können durch Betrachtung des Stillvorgangs und Begutachtung des Babys sehen wo ein Problem liegen könnte und Dir hilfreiche Tipps geben.

Tipp 9: Den Milcheinschuss anregen mit Kuscheln, Pumpen oder Akupunktur

Wichtig für Dich zu wissen ist, dass der Milcheinschuss nach einem Kaiserschnitt um einige Tage verzögert sein kann. Dieses Wissen in Kombination mit dem Wissen um die „Kirsche“ nimmt Dir ein wenig Druck und lässt Dich entspannter an das Thema herangehen. Um den Milcheinschuss anzuregen, ist zu allererst der häufige Körperkontakt mit Kuscheln und Stillversuchen wichtig. Zudem kannst Du auch die Brustmassage und Gewinnung der Muttermilch von Hand für den Milcheinschuss nutzen oder mittels einer Milchpumpe Pumpversuche starten. Die Krankenhäuser stellen diese zur Verfügung, meist in Form einer elektrischen Milchpumpe mit Doppelpumpset und zeigen Dir wie Du den Pumpvorgang am Besten durchführst. Sollte dies nicht der Fall oder nicht genügend Pumpen vorhanden sein, dann kannst Du bei uns zu jederzeit eine Pumpe mieten, die Dir am nächsten Tag direkt geliefert wird. Lässt der Milcheinschuss trotz dem Beschriebenen auf sich warten, dann kann möglicherweise eine Akupunktur als Anstoß helfen. Am Besten fragst Du direkt beim Personal nach ob jemand dafür ausgebildet ist und Dich punktieren kann. Du siehst es gibt einige Möglichkeiten um den Milcheinschuss anzuregen. Wichtig ist vor allem, dass Du entspannt und im Gespräch mit Kinderkrankenschwestern und Stillberaterinnen bleibst, dann kommt der Milcheinschuss ganz bestimmt.

Tipp 10: Erholung und gemeinsames Ankommen in Familienzimmer

Nach einem Kaiserschnitt kannst Du nicht sofort nach Hause gehen, sondern musst noch einige Tage im Krankenhaus bleiben. Um dies so schön wie möglich zu gestalten frage doch bereits vorab ob Du, Dein Neugeborenes und möglicherweise der Papa und ein Geschwisterkind in einem Familienzimmer oder 24h RoomingIn untergebracht werden könnt. Hier könnt Ihr als Familie gemeinsam ankommen, seid etwas ungestörter und könnt bei Bedarf das Personal um Unterstützung beim Stillen oder der ersten Babypflege bitten. Dies kann Euch zu Beginn eine wunderbare Entlastung sein, anfängliche Unsicherheiten abfangen und Dir als frisch operierte Mutter Entlastung bieten.

Nun bleibt uns nur Dir und auf diesem Wege auch Claudia, einen möglichst schönen Stillstart nach dem Kaiserschnitt zu wünschen und falls wir einen Tipp vergessen haben, der Dir für das Stillen nach Kaiserschnitt geholfen hat, dann kommentiere gerne hier, um ihn anderen Eltern mitzugeben.


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